Kapitel 12 - Leiden, Tod und Auferstehung

Lebenslange Mühen und Leiden Jesu

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1. Ich lebte unter den Menschen und machte aus meinem Leben ein Vorbild, ein Lehrbuch. Ich lernte alle Leiden kennen, die Versuchungen und die Kämpfe, die Armut, die Arbeit und die Verfolgungen. Ich erlebte die Ablehnung durch die Angehörigen, die Undankbarkeit und den Verrat; die langen Tageswerke, den Hunger und den Durst, den Spott, die Einsamkeit und den Tod. Ich ließ zu, daß die ganze Last der menschlichen Sünde auf mich fiel. Ich erlaubte, daß der Mensch meinen Geist in meinem Wort und in meinem durchbohrten Körper erforschte, wo man selbst die letzte meiner Rippen sehen konnte. Obwohl Gott, wurde ich zu einem Spottkönig, zu einem Entblößten gemacht und musste auch noch das Kreuz der Schande tragen und damit den Hügel hinaufsteigen, wo die Räuber starben. Dort endete mein menschliches Leben als ein Beweis dafür, daß ich nicht nur der Gott des Wortes bin, sondern der Gott der Taten. (217, 11)

 

 2. Als die Stunde nahte und das Abendmahl zu Ende war, hatte Jesus seinen Jüngern die letzten Anweisungen gegeben. Er brach auf zum Olivengarten, wo er zu beten pflegte, und sprach zum Vater: „Herr, wenn es möglich ist, so nimm diesen Kelch von mir. Doch nicht mein, sondern Dein Wille geschehe“. Dann näherte sich jener meiner Jünger, der mich ausliefern sollte, begleitet von einer Schar, die mich festnehmen würde. Als jene fragten: Wer ist Jesus, der Nazarener? näherte sich Judas seinem Meister und küsste ihn. Im Herzen jener Männer war Furcht und Betroffenheit, als sie die ruhige Gefasstheit Jesu sahen, und sie fragten noch einmal: Wer ist Jesus? Da ging ich auf sie zu und sagte ihnen: „Hier bin ich, ich bin's“. Da begann meine Passion.

 3. Sie brachten mich vor Priester, Richter und Machthaber. Sie verhörten mich, urteilten über mich und klagten mich an, gegen das Gesetz Moses zu verstoßen und ein Reich schaffen zu wollen, welches das des Kaisers zerstören sollte. (152,6 - 7)

 

    1.  

Judas Schwäche

 4. Erinnert ihr euch nicht, bei wie vielen Gelegenheiten ich meine Liebe offenbarte, nicht nur bei denen, die an mich glaubten, sondern auch bei jenem, der mich verriet, und bei denen, die mich verfolgten und richteten? Jetzt könntet ihr mich fragen, was der Grund war, der mich bewog, all jene Verhöhnungen zuzulassen. Und ich antworte euch: Es war notwendig, daß ich ihnen völlige Freiheit der Gedanken und des Handelns ließ, um passende Gelegenheiten zu schaffen, mich zu offenbaren, und damit alle die Barmherzigkeit und Liebe erfahren würden, die ich die Welt lehrte.

 5. Ich bewog das Herz des Judas nicht, mich zu verraten. Er war Werkzeug eines bösen Gedankens, als sein Herz von Finsternis erfüllt war. Doch angesichts der Untreue jenes Jüngers zeigte ich ihm meine Vergebung.

 6. Es wäre nicht nötig gewesen, daß einer der meinen mich verriet, um euch jenes Beispiel von Demut zu geben. Der Meister hätte sie bei jeder beliebigen Gelegenheit bewiesen, die ihm die Menschen geboten hätten. Jenem Jünger fiel es zu, das Werkzeug zu sein, durch das der Meister der Welt seine göttliche Demut zeigte. Auch wenn ihr dachtet, daß es die Schwachheit jenes Menschen war, die den Tod Jesu herbeiführte, so sage ich euch, daß ihr im Irrtum seid. Denn ich kam, um mich euch ganz hinzugeben, und wenn es nicht auf diese Art gewesen wäre, so könnt ihr sicher sein, daß es auf andere Weise geschehen wäre. Darum habt ihr kein Recht, jenen zu verfluchen oder zu richten, der euer Bruder ist, welchem in einem Augenblick der Verfinsterung die Liebe und die Treue fehlte, die er seinem Meister schuldete. Wenn ihr ihm die Schuld an meinem Tod gebt - warum segnet ihr ihn nicht, da ihr wisst, daß mein Blut für die Rettung aller Menschen vergossen wurde? Es wäre besser für euch, zu beten und zu bitten, daß niemand von euch in Versuchung falle, denn die Heuchelei der Schriftgelehrten und Pharisäer existiert noch immer in dieser Welt. (90,37 - 39)

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    1.  

Jesu Passion

 7. Als ich vom Hohepriester Kaiphas verhört wurde und er zu mir sagte: Ich beschwöre dich, daß du mir sagst, ob du Christus bist, der Messias, der Sohn Gottes. Da antwortete ich ihm: „Du hast es gesagt“. (21, 30)

 

 8. Wie viele Herzen, die wenige Tage zuvor meine Werke bewundert und gesegnet hatten, vergaßen diese, zeigten sich undankbar und schlossen sich denen an, die mich schmähten. Doch es war notwendig, daß jenes Opfer sehr groß war, damit es niemals aus dem Gedächtnis der Menschen gelöscht würde.

 9. Die Welt und ihr als Teil von ihr, habt mich verlästert, verspottet und erniedrigt gesehen, wie es kein Mensch hätte sein können. Doch geduldig leerte ich den Kelch, den ihr mir zu trinken gabt. Schritt für Schritt erfüllte ich meine Liebesbestimmung unter den Menschen und schenkte mich meinen Kindern ganz.

 10. Selig, die an ihren Gott glaubten, obwohl sie ihn blutüberströmt und keuchend erlebten.

 11. Doch etwas Schwereres erwartete mich noch: zwischen zwei Räubern an ein Holz genagelt zu sterben. Aber es stand geschrieben, und daher musste es in Erfüllung gehen, damit ich als der wahre Messias erkannt würde. (152, 8 -11)

 12. Für diese Unterweisung, die ich euch gerade gebe, gab ich euch bereits in der Zweiten Zeit ein Beispiel. Jesus hing am Kreuze, der Erlöser rang mit dem Tod angesichts der Menschenscharen, die er so sehr geliebt hatte. Jedes Herz war eine Tür, an die er geklopft hatte. Unter der Zuschauerschar befand sich der Mensch, der Menschenmassen regierte, der Kirchenfürst, der Zöllner, der Pharisäer, der Reiche, der Arme, der Verkommene, und der von schlichtem Gemüt. Doch während die einen wussten, wer der war, der in jener Stunde starb, weil sie seine Werke gesehen und seine Wohltaten empfangen hatten, beschleunigten andere voll Durst nach unschuldigem Blut und gierig nach Rache den Tod jenes, den sie höhnisch „König der Juden“ nannten, ohne zu wissen, daß er nicht nur König eines Volkes war, sondern daß er es von allen Völkern der Erde und von allen Welten des Universums war. Während Jesus einen seiner letzten Blicke auf jene Menschenscharen richtete, erhob er voll erbarmender Liebe und Mitleid seine Bitte zum Vater und sprach: „Mein Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“.

 13. Jener Blick umfasste sowohl die, die um ihn weinten, als auch jene, die sich an seiner Qual weideten, denn die Liebe des Meisters, welche die Liebe des Vaters war, galt allen gleichermaßen. (103, 26 - 27)

 

 14. Als der Tag kam, an dem die Volksmenge, aufgehetzt von denen, die sich durch die Gegenwart Jesu beunruhigt fühlten, ihn verletzte und geißelte und ihn infolge der Schläge wie einen gewöhnlichen Sterblichen bluten und später mit dem Tod ringen und sterben sah wie jeder andere Mensch, da riefen die Pharisäer, die Oberen des Volkes und die Priester befriedigt aus: Seht ihn euch an, der sich Sohn Gottes nennt, sich für einen König hielt und für den Messias ausgab!

 15. Gerade für sie, mehr als für andere, bat Jesus seinen Vater, daß er ihnen vergeben möge. Ihnen, die - obwohl sie die Schriften kannten- ihn nun verleugneten und gegenüber der Menschenmenge als einen Betrüger hinstellten. Sie waren es, die trotz ihrer Behauptung, Lehrer des Gesetzes zu sein, bei der Verurteilung Jesu in Wirklichkeit nicht wussten, was sie taten, während es dort unter der Volksmenge Herzen gab, die angesichts der Ungerechtigkeit, die sie mitansahen, vom Schmerz zerrissen waren, und Gesichter, die angesichts des Opfertodes des Gerechten von Tränen überströmt waren. Es waren die Männer und Frauen von schlichtem Gemüt und demütigem und hochherzigem Geiste, die wussten, wer auf der Welt bei den Menschen gewesen war, und die begriffen, was diese beim Hinscheiden des Meisters verloren. (150, 24 - 25)

 

 16. Es spricht jener zu euch, der am Kreuz mit dem Tode ringend und von den Henkersknechten misshandelt und gemartert seine Augen zur Unendlichkeit erhob und sprach: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“.

 17. In jene göttliche Vergebung schloss ich alle Menschen aller Zeiten ein, denn ich konnte die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft der Menschheit sehen. Ich kann euch in Wahrheit und im Geist sagen, daß ich auch euch in jener gesegneten Stunde geschaut habe, die ihr in dieser Zeit mein neues Wort vernehmt. (268, 38 -39)

 

 18. Als ich von der Höhe des Kreuzes herab meine letzten Blicke auf die Menschenschar richtete, erblickte ich Maria, und ihr sagte ich mit Bezug auf Johannes: „Frau, dies hier ist dein Sohn“, und zu Johannes: „Sohn, dies ist deine Mutter“.

 19. Johannes war der einzige in jener Stunde, der den Sinn des folgenden Satzes verstehen konnte, denn die Volksmenge war so blind, daß, als ich sagte: „Mich dürstet“, sie der Meinung war, daß es körperlicher Durst war, und sie mir Galle und Essig reichte, während es doch Durst nach Liebe war, was mein Geist empfand.

 20. Auch die beiden Übeltäter rangen neben mir mit dem Tod. Doch während der eine lästerte und sich ins Verderben stürzte, ließ sich der andere vom Licht des Glaubens erleuchten. Und obwohl er seinen Gott an den schmachvollen Kreuzesbalken genagelt und dem Tod nahe sah, glaubte er an seine Göttlichkeit und sagte zu ihm: „Wenn Du im Himmelreich bist, so gedenke meiner“, worauf ich, von soviel Glauben bewegt, antwortete: „Wahrlich, ich sage dir, heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“.

 21. Niemand kennt die Stürme, die in dieser Stunde im Herzen Jesu tobten. Die entfesselten Naturgewalten waren nur eine schwache Widerspiegelung dessen, was in der Einsamkeit jenes Menschen vor sich ging, und der Schmerz des göttlichen Geistes war so groß und so wirklich, daß das Fleisch, das sich für einen Augenblick schwach fühlte, ausrief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

 22. So, wie ich die Menschen zu leben lehrte, lehrte ich sie auch zu sterben, wobei ich selbst denen vergab und sie segnete, die mich schmähten und marterten, als ich zum Vater sprach: „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“.

 23. Und als der Geist diese Welt verließ, sagte er: „Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist“. Das vollkommene Lehrbeispiel war vollbracht, als Gott und als Mensch hatte ich gesprochen. (152, 12 - 17)

 

 24. Ein Augenblick genügte Dimas, um die Rettung zu finden, und dieser war der letzte seines Lebens. Er sprach zu mir vom Kreuz aus, und obwohl er sah, daß Jesus, den man Gottes Sohn nannte, im Todeskampf lag, fühlte er, daß er der Messias, der Heiland war. Und er übergab sich ihm mit der ganzen Reue seines Herzens und der ganzen Demut seines Geistes. Darum versprach ich ihm das Paradies noch für denselben Tag.

 25. Ich sage euch, ich werde jeden, der unbewusst sündigt, aber am Ende seines Lebens mit einem Herzen voller Demut und Glauben zu mir spricht, die Zärtlichkeit meiner erbarmenden Liebe spüren lassen, die ihn aus den Nöten der Erde emporhebt, um ihn die Seligkeit eines edlen und erhöhten Lebens kennenlernen zu lassen. (94, 71 - 72)

 

 26. Ja, lieber Dimas, du warst mit mir im Paradies des Lichts und des geistigen Friedens, wohin ich deinen Geist als Belohnung für deinen Glauben trug. Wer hätte denen, die daran zweifelten, daß in Jesus – sterbend und blutend wie er war – Gott wohnte, wohl sagen können, daß sich in dem Räuber, der zu seiner Rechten im Todeskampf lag, ein Lichtgeist verbarg?

 27. Die Zeit verging, und als die Ruhe sich wieder einstellte, drangen viele von denen, die mich ablehnten und verspotteten, in das Licht meiner Wahrheit ein, weshalb ihre Reue groß war und ihre Liebe in meiner Nachfolge unzerstörbar. (320, 67)

 

 28. Als der Körper, der mir in der Zweiten Zeit als Hülle diente, in den Todeskampf eintrat, und ich vom Kreuz herab die letzten Worte sprach, war unter meinen letzten Sätzen einer, der weder in jenen Augenblicken noch lange Zeit danach verstanden wurde: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“

 29. Wegen jener Worte zweifelten viele. Andere wurden verwirrt, da sie dachten, daß es Kleinmut, ein Wanken, ein Augenblick der Schwäche war. Doch sie haben nicht bedacht, daß dies nicht der letzte Satz war, sondern daß ich nach ihm noch andere sprach, welche volle Stärke und Klarheit offenbarten: „Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist“ und „Alles ist vollbracht“.

 30. Jetzt, da ich zurückgekehrt bin, um in eure Verwirrungen Licht zu bringen und das zu erhellen, was ihr Geheimnisse genannt habt, sage ich euch: Als ich am Kreuz hing, war der Todeskampf lange, blutig, und der Körper Jesu, unendlich empfindsamer als der aller anderen Menschen, erduldete eine lang währende Agonie, und der Tod kam nicht. Jesus hatte seine Mission auf der Welt erfüllt, hatte bereits das letzte Wort gesprochen und die letzte Lehre gegeben. Da fragte jener gemarterte Körper, jenes zerrissene Fleisch, als es die Trennung vom Geist fühlte, schmerzerfüllt den Herrn: „Vater, Vater, warum hast Du mich verlassen?“ - Es war der sanfte und leidende Klageruf des verletzten Lammes nach seinem Hirten. Es war der Beweis, daß Christus, das Wort, wirklich Mensch geworden ist in Jesu, und daß sein Leiden echt war.

 31. Könnt ihr diese Worte Christus zuschreiben, der ewig mit dem Vater eins ist? - Nun wisst ihr, daß es ein Wimmern des Körpers Jesu war, der durch die Blindheit der Menschen geschändet war. Doch als sich die Liebkosung des Herrn auf jenes gemarterte Fleisch niedersenkte, fuhr Jesus fort zu sprechen, und seine Worte waren: „Vater, in Deine Hände befehlte ich meinen Geist“. – „Alles ist vollbracht“. (34 ,27 -30)

 

 32. Als Jesus am Kreuz hing, gab es keinen Geist, der sich nicht erschüttert gefühlt hätte bei der Stimme der Liebe und Gerechtigkeit dessen, welcher starb - nackt wie die Wahrheit selbst, die er in seinem Wort brachte. Die, welche das Leben Jesu erforscht haben, haben erkannt, daß es weder vor noch nach ihm jemanden gegeben hat, der ein Werk wie das seine vollbrachte, denn es war ein göttliches Werk, das durch sein Beispiel die Menschheit retten wird.

 33. Sanftmütig kam ich zur Opferung, denn ich wusste, daß mein Blut euch umwandeln und retten sollte. Bis zum letzten Augenblick sprach ich mit Liebe und vergab ich euch, denn ich kam, um euch eine erhabene Lehre zu bringen und euch mit vollkommenen Beispielen den Weg zur Ewigkeit vorzuzeichnen.

 34. Die Menschheit wollte mich von meinem Vorhaben abbringen, indem sie die Schwäche des Fleisches suchte. Doch ich ließ nicht ab davon. Die Menschen wollten mich zur Gotteslästerung verleiten; doch ich lästerte nicht. Je mehr mich die Menge beleidigte, desto mehr Mitleid und Liebe hatte ich ihr gegenüber, und je mehr sie meinen Körper verletzten, desto mehr Blut quoll aus ihm, um den für den Glauben Toten Leben zu geben.

 35. Jenes Blut ist das Symbol der Liebe, mit der ich dem menschlichen Geist den Weg vorgezeichnet habe. Ich hinterließ mein Wort des Glaubens und der Hoffnung den nach Gerechtigkeit Hungernden, und den Schatz meiner Offenbarungen den geistig Armen.

 36. Erst nach dieser Zeit wurde die Menschheit sich dessen bewusst, wer in der Welt gewesen war. Daraufhin wurde das Werk Jesu als vollkommen und göttlich aufgefasst, als übermenschlich erkannt. Wie viele Tränen der Reue! Wie viele Gewissensbisse in den Geistern! (29,37 - 41)

 

 37. Wenn Jesus, welcher „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ war, seine Mission mit jenem Gebet der sieben Worte beendete und zuletzt zu seinem Vater sprach: In Deine Hände befehle ich meinen Geist; so bedenkt, ob ihr, die ihr Schüler und Jünger jenes Meisters seid, dieses Leben verlassen könnt, ohne es dem Vater als einen Tribut des Gehorsams und der Demut darzubringen. Und ob ihr eure Augen für diese Welt schließen könnt, ohne den Herrn um seinen Schutz zu bitten, da ihr sie erst in anderen Regionen wieder öffnen werdet.

 38. Das ganze Leben Jesu war ein Liebesopfer für den Vater. Die Stunden, die sein Todeskampf am Kreuz währte, waren ein Gebet der Liebe, der Fürsprache und der Vergebung.

 39. Dies ist der Weg, den ich dir wies, Menschheit. Lebt in der Nachfolge eures Meisters, und ich verspreche euch, euch zu meinem Schoß zu führen, welcher der Ursprung aller Seligkeit ist. (94, 78 - 80)

 

 40. Ich, Christus, offenbarte durch den Menschen Jesus die Herrlichkeit des Vaters, seine Weisheit und seine Macht. Die Macht wurde angewandt, um Wunder zu vollbringen zum Wohle derer, die in ihrem Geist Glauben benötigten, in ihrem Verstand Licht und in ihrem Herzen Frieden. Jene Macht, welche die Kraft der Liebe selbst ist, wurde über die Notleidenden ausgegossen, um sich ihnen ganz hinzugeben, was so weit ging, daß ich sie für meinen eigenen Körper nicht gebrauchte, der sie in der Todesstunde gleichfalls benötigte.

 41. Ich wollte keinen Gebrauch von meiner Macht machen, um den durchdringenden Schmerz meines Körpers zu vermeiden. Denn als ich Mensch wurde, geschah es in der Absicht, um euretwillen zu leiden und euch einen greifbaren göttlichen und menschlichen Beweis meiner unendlichen Liebe und meines Mitleids mit den Unreifen, den Notleidenden, den Sündern zu geben.

 42. Alle Macht, die ich an anderen offenbarte - sei es, daß ich einen Aussätzigen heilte, einem Blinden das Licht wiedergab und Beweglichkeit dem Lahmen, oder daß ich die Sünder bekehrte und Tote auferweckte - alle Vollmacht, die ich vor den Menschenmengen offenbarte, um ihnen Beweise für meine Wahrheit zu geben, indem ich ihnen meine Machtbefugnis über die Naturreiche und meine Macht über Leben und Tod bewies, wollte ich für mich nicht anwenden, womit ich zuließ, daß mein Körper jene Passion durchlebte und jenen Schmerz erlitt.

 43. Zwar hätte meine Macht meinem Körper jeden Schmerz ersparen können, aber - welches Verdienst hätte ich dann in euren Augen gehabt? Welches für den Menschen begreifbare Vorbild hätte ich hinterlassen, wenn ich von meiner Macht Gebrauch gemacht hätte, um mir den Schmerz zu ersparen? Es war nötig, mich in jenen Augenblicken meiner Macht zu entäußern, die göttliche Kraft zurückzuweisen, um den Schmerz des Fleisches, die Trauer angesichts der Undankbarkeit, die Einsamkeit, den Todeskampf und den Tod zu fühlen und zu erleben.

 44. Daher baten die Lippen Jesu in der Todesstunde um Hilfe, da sein Schmerz echt war. Aber es war nicht nur der physische Schmerz, der den fiebernden und erschöpften Körper Jesu überwältigte. Es war auch das geistige Empfinden eines Gottes, der mittels jenes Körpers geschunden und zum Gespött gemacht wurde von seinen blinden, undankbaren und hochmütigen Kindern, für die er jenes Blut vergoss.

 45. Jesus war stark durch den Geist, der ihn belebte, welches der göttliche Geist war. Und er hätte gegenüber dem Schmerz unempfindlich und gegenüber den Angriffen seiner Verfolger unbesiegbar sein können. Aber es war notwendig, daß er Tränen vergoß, daß er fühlte, daß er immer wieder vor den Augen der Menge zu Boden stürzte, dass die Kräfte seines Körpers erschöpft waren, und daß er sterben sollte, nachdem sein Körper den letzten Tropfen Blut verloren hatte.

 46. So wurde meine Mission auf Erden erfüllt. So endete das Dasein jenes auf der Welt, den das Volk wenige Tage zuvor zum König ausgerufen hatte, als er in Jerusalem einzog. (320, 56 - 61)

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  1.  

Jesu Erlösungstat in jenseitigen Welten

 47. In den ersten Zeiten der Menschheit war ihre geistige Entwicklung so gering, daß ihre mangelnde innere Erkenntnis über das Leben des Geistes nach dem körperlichen Tod und die fehlende Kenntnis ihrer letzten Bestimmung bewirkte, daß der Geist beim Verlassen der Fleischeshülle in einen tiefen Lethargie fiel, aus dem er nur langsam erwachte. Doch als Christus Mensch wurde in Jesus, um allen Geistern seine Lehre zu geben, sandte er, sobald er seine Aufgabe unter den Menschen vollendet hatte, sein Licht zu großen Scharen von Wesen, die seit Anbeginn der Welt auf seine Ankunft warteten, um von ihrer Verwirrung befreit zu werden und sich zum Schöpfer erheben zu können.

 48. Nur Christus konnte jenes Dunkel erhellen, nur seine Stimme konnte jene Geister, die schliefen, für ihre Entwicklung erwecken. Als Christus als Mensch starb, brachte der göttliche Geist Licht in die geistigen Welten und selbst in die Gräber, aus denen die Geister hervorkamen, die bei ihren Körpern den Todesschlaf hielten. Diese Wesen zogen in jener Nacht durch die Welt, wobei sie sich den menschlichen Blicken sichtbar machten als ein Zeugnis dafür, daß der Erlöser für alle Wesen Leben war, und daß der Geist unsterblich ist. (41,5 - 6)

 

 49. Männer und Frauen empfingen Zeichen und Rufe aus dem Jenseits. Die Alten und die Kinder waren gleichfalls Zeugen dieser Erscheinungen. Und in den Tagen, die dem Kreuzestod des Erlösers vorangingen, drang das Himmlische Licht in die Herzen der Menschen. Die Wesen des Geistigen Tales riefen die Herzen der Menschen. Und an dem Tag, an dem der Meister seinen letzten Atemzug als Mensch tat und sein Licht in alle Höhlen und in alle Winkel eindrang, in die materiellen und geistigen Heimstätten, im Verlangen nach den Wesen, die ihn seit langem erwarteten - vermaterialisierte, verwirrte und kranke Wesen, die vom Wege abgeirrt waren, gebunden mit Ketten der Gewissensbisse, Lasten der Ungerechtigkeit mit sich schleppend, und andere Geister, die tot zu sein glaubten und an ihre Körper gebunden waren - da erwachten alle aus ihrem tiefen Schlaf und erhoben sich zum Leben.

 50. Aber bevor sie diese Erde verließen, gaben sie denen, die ihre Angehörigen gewesen waren, eine Bezeugung ihrer Auferstehung und ihres Daseins. Durch all dies erlebte die Welt diese Kundgebungen in jener Nacht der Trauer und des Schmerzes.

 51. Die Herzen der Menschen erbebten, und die Kinder weinten angesichts jener, die seit langem tot waren und an diesem Tag nur für einen Augenblick zurückkehrten, um von jenem Meister Zeugnis abzulegen, der zur Erde herabgekommen war, um seinen Liebessamen auszustreuen, und der zugleich die geistigen Felder bestellte, welche von unendlich vielen Geistern bewohnt waren, die gleichfalls seine Kinder waren, und die er heilte und von ihrer Unwissenheit befreite. (339, 22)

 

52. Als ich meinen Körper verließ, betrat mein Geist die Welt der Geister, um mit dem Wort der Wahrheit zu ihnen zu sprechen. Wie bei euch, sprach ich zu ihnen von der göttlichen Liebe, denn diese ist die wahre Erkenntnis des Lebens.

 53. Wahrlich, ich sage euch, der Geist Jesu war nicht einen Augenblick im Grabe; er hatte in anderen Lebenswelten viele Wohltaten zu vollbringen. Mein unendlicher Geist hatte jenen - wie zuvor euch - viele Offenbarungen kundzutun.

 54. Es gibt auch Welten, wo die Geister nicht zu lieben verstehen. Sie leben in der Finsternis und sehnen sich nach Licht. Heute wissen die Menschen, daß wo Lieblosigkeit und Egoismus regiert, Dunkelheit herrscht, daß Krieg und Leidenschaften die Schlüssel sind, die das Tor zum Weg verschließen, der zum Reich Gottes führt.

 55. Die Liebe dagegen ist der Schlüssel, mit dem sich das Reich des Lichtes auftut, welches die Wahrheit ist.

 56. Hier auf Erden habe ich mich durch materielle Mittel kundgetan. Im Jenseits habe ich mich den hohen Geister direkt mitgeteilt, damit sie jene unterrichten, die nicht befähigt sind, meine Inspiration direkt zu empfangen. Jene hohen, leuchtenden Wesen sind - wie hier für euch - die Stimmträger. (213, 6 - 11)

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Die Auferstehung

 57. Einige Tage nach meiner Kreuzigung, als meine Jünger um Maria versammelt waren, ließ ich sie meine Gegenwart fühlen, die in der geistigen Schau einer Taube versinnbildlicht war. In jener gesegneten Stunde wagte sich niemand zu bewegen noch irgendein Wort zu sprechen. Es herrschte eine wahre Verzückung bei der Betrachtung jenes geistigen Bildes, und die Herzen schlugen voll Kraft und Zuversicht, weil sie wussten, daß der Meister, der augenscheinlich von ihnen gegangen war, immerdar im Geist bei ihnen gegenwärtig sein werde. (8, 15)

 

 58. Weshalb solltet ihr meinen, daß mein Kommen im Geist keinen Sinn hat? Erinnert euch daran, daß Ich nach meinem Tod als Mensch weiterhin zu meinen Jüngern sprach und mich ihnen als Geist zeigte.

 59. Was wäre aus ihnen geworden, ohne jene Manifestationen, die ich ihnen gewährte, die ihren Glauben stärkten und ihnen für ihre Missionsaufgabe neuen Mut einflößten?

 60. Traurig war das Bild, das sie nach meinem Scheiden boten. Die Tränen flossen unablässig über ihre Gesichter, alle Augenblicke entrang sich ihrer Brust ein Schluchzer, sie beteten viel, und Furcht und Gewissensbisse bedrückten sie. Sie wussten: der eine hatte mich verkauft, ein anderer hatte mich verleugnet, und fast alle hatten mich in der Todesstunde verlassen.

 61. Wie konnten sie die Zeugen jenes Meisters aller Vollkommenheit sein? Wie sollten sie Mut und Kraft dazu haben, um den Menschen so unterschiedlicher Glaubensvorstellungen Denkarten und Lebensweisen entgegenzutreten?

 62. Gerade da erschien mein Geist unter ihnen, um ihren Schmerz zu lindern, ihren Glauben zu entzünden, ihre Herzen mit dem Ideal meiner Lehre zu entflammen.

 63. Ich gab meinem Geist menschliche Gestalt, um ihn bei den Jüngern sichtbar und fühlbar zu machen. Aber meine Gegenwart war dennoch geistig, und seht, welchen Einfluss und welche Bedeutung jenes Erscheinen unter meinen Aposteln hatte. (279, 47 - 52)

 

 64. Mein Opfer war vollbracht; doch im Wissen, daß jene Herzen mich mehr denn je benötigten, weil sich in ihrem Innern ein Sturm von Zweifeln, Leiden, Verwirrungen und Befürchtungen erhoben hatte, nahte ich mich ihnen sogleich, um ihnen einen weiteren Beweis meiner unendlichen Barmherzigkeit zu geben. In meiner Liebe und meinem Mitgefühl für jene Kinder meines Wortes vermenschlichte ich mich, indem ich die Gestalt oder das Abbild jenes Körpers annahm, den ich auf der Welt gehabt hatte, und ließ mich sehen und machte mich hörbar, und mit meinen Worten entzündete ich aufs neue den Glauben in jenen niedergeschlagenen Geistern. Es war eine neue Lektion, eine neue Art, mich denen mitzuteilen, die mich auf Erden begleitet hatten; und sie fühlten sich gestärkt, inspiriert, verwandelt durch den Glauben und die Erkenntnis meiner Wahrheit.

 65. Trotz jener Beweise, deren Zeuge sie alle waren, gab es einen, der die Bekundungen und Beweise hartnäckig leugnete, die ich meinen Jüngern geistig gab, und so war es nötig, ihm zu erlauben, meine geistige Gegenwart sogar mit seinen körperlichen Sinnen zu betasten, damit er glauben könnte.

 66. Aber nicht nur unter den Jüngern, die mir näher standen, erhob sich jener Zweifel - nein, auch unter den Anhängerscharen, in den Ortschaften, in Städten und Dörfern, unter denen, die Beweise meiner Macht erhalten hatten und mir um dieser Werke willen nachfolgten, entstand Verwirrung, ein ängstliches Fragen, Betroffenheit; man konnte sich nicht erklären, weshalb alles auf diese Weise geendet hatte.

 67. Ich hatte Mitgefühl mit allen, und daher gab ich ihnen ebenso wie meinen nächsten Jüngern Beweise dafür, daß ich mich nicht von ihnen entfernt hatte, auch wenn ich ihnen nicht mehr als Mensch auf Erden beistand. In jedem Heim, jeder Familie und in jedem Volk bekundete ich mich den Herzen, die an mich glaubten, indem ich ihnen meine geistige Gegenwart auf vielerlei Weise fühlbar machte. Da begann der Kampf jenes Volkes von Christen, die ihren Meister auf Erden verlieren mußten, um sich zu erheben und die Wahrheit zu verkünden, die er ihnen offenbart hatte. Ihr alle kennt ihre großen Werke. (333,38-41)

 68. Als ich mich in der Zweiten Zeit meinen Jüngern zum letzten Male sichtbar machte zwischen Wolken, war Traurigkeit in ihnen, als ich ihrem Blick entschwand, weil sie sich in diesem Augenblick alleingelassen fühlten; aber danach hörten sie die Stimme des Engelsboten des Herrn, der zu ihnen sprach: „Ihr Männer aus Galiläa, wonach haltet ihr Ausschau? Diesen Jesus, den ihr heute in die Himmel habt auffahren sehen, werdet ihr in der gleichen Weise herabkommen sehen“.

 69. Da verstanden sie, daß der Meister, wenn er zu den Menschen zurückkehren würde, dies geistig tun würde. ( 8, l3 - 14)